Montag, 14. Januar 2008

Die Feldsalatpause

Wörter können heimtückisch sein. Sie überfallen einen aus dem Hinterhalt, in einer ruhigen Minute auf dem Sofa, oder beim Öffnen der Haustür. Seit ich das Jahr 2008 zu meinem persönlichen Jahr des deutschen Kompositums (die polnische Sprache, zum Beispiel, lässt diese Wortform nicht zu) erklärt habe, springen mich die Komposita von allen Seiten an, als hätten sie nur auf meinen dummen Einfall gewartet.

Heute Mittag klingelte es und die erste Biokiste (auch eine Art Kompositum, wobei nicht klar ist, ob es sich beim ersten Teil des Wortes um ein eigenständiges Substantiv handelt – wenn ja, welchen Geschlechts? das Bio? der Bio? die Bio? –, eine Straßenbezeichnung oder den Namen eines Fernsehkochs) steht vor der Tür an der Schleswiger Straße. Ich beäuge sofort ihren Inhalt. Und greife hinein. In der Biokiste befinden sich nicht nur Biomöhren, Bioäpfel, Biowinterbirnen Passacrassana (die Königin der Winterbirnen), Bioblumenkohl, Biopetersilie, Biomixsalat (Minzua, Tatsoi, Rucola und Radicchio), Bioramiropaprika (sehr reich an Vitamin C), ein Biobrot und eine Auswahl an Biohart- und weichkäse sondern auch die schriftliche Mitteilung, dass in dieser Woche der Norden Feldsalatpause hat.

Ich trage die Kiste in die Flensburger Küche. Nicht nur eine Rechnung steckt darin, sondern auch Rezepte, Prospekte, Preislisten, Bestellzettel, aktuelle Angebote von Himbeer-Rhabarber Joghurt fettarm im 500 g Glas bis zu Apfelsaft von Streuobstwiesen mit ausgewogenem Fruchtzucker- und Säurespiegel, nützliche Informationen wie „die Umverpackung ist kompostierbar“ oder „die Petersilie hält sich in einer Plastiktüte im Kühlschrank länger als im Wasserglas in der Küche“. Und eben die Feldsalatpause. Wohin mit ihr? Frage ich mich und öffne alle Einbauschränke. Sie steht im ersten Absatz der „Obst- und Gemüseinfo“. Die ist gedruckt auf, wie mir scheint, umweltfreundliches Papier. Kürzlich entnahm ich dem Werbeprospekt einer Supermarktkette, dass dieses Papier nun „Klimaerwärmungspapier“ genannt wird. Was immer diese Wörter bedeuten. Sie kommen, weil ich sie rufe. Deutsche Komposita. Also trage ich die Feldsalatpause und das Klimaerwärmungspapier unter das noch nicht isolierte Dach über meinem Schreibtisch.

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