Montag, 27. Juli 2009

Gelbblüte

Mein Kürbis blüht gelb und wuchert grün.
Der neue Duden bezeichnet ihn als "Kletter- oder Kriechpflanze".
Der alte Duden bezeichnet ihn als "rankende Pflanze mit großen Blättern, trichterförmigen, gelben Blüten und sehr großen, meist kugeligen, saftreichen Früchten".

Donnerstag, 23. Juli 2009

Gilbhard

Um meiner Sprachlosigkeit entgegenzuwirken, kaufte ich den neuesten Duden.
Ich schlage ihn, kaum wieder zu Hause, an einer beliebigen Stelle auf. Ich treffe auf Gilbhard oder Gilbhart. Ein Wort, das ich bis eben nicht kannte.
Ich bin also im Gilbhard oder Gilbhart geboren, denn das Wort ist, laut Duden, die alte Bezeichnung für Oktober. Wahrscheinlich, schließe ich aus dem Wörterverzeichnis, kommt es von Gilb, männlich [der Gilb] für gelbliche Verfärbung. Oder von gilben für gehoben gelb werden. Gilbert hingegen ist auch im neuesten Duden nur ein männlicher Vorname.
Unser Gilbert, der Untermieter, der in unserem Haus am meisten Platz beansprucht und am meisten Zuneigung erfordert, ist gelb und hat vielleicht, verraten hat er uns das noch nie, wir haben aber auch nie danach gefragt, auch im Oktober Geburtstag.

Samstag, 18. Juli 2009

Ausflug 4

Alle drei Amseln zierten sich den ganzen Tag. Die erste verließ das Nest mehrmals und kehrte zurück. Spazierte auf der Pergola, hüpfte durch die Clematisblüten. Alle drei kleinen Amseln wurden regelmäßig gefüttert. Den ganzen Tag über. Alle drei veranstalteten das übliche Geschrei und Geflatter. Und dann saßen sie plötzlich vor dem Wohnzimmerfenster. Pickten an das Glas. Hatten den ersten Stressdurchfall. Wunderten sich über die Existenz von durchsichtigen Fensterscheiben, in denen sich die Welt spiegelt.

Ausflug 3


Die erste Amsel hat das Nest verlassen und fliegt nicht. Spaziert einfach geradeaus.

Ausflug 2


Soll ich oder soll ich nicht?



Für B. - das vergessene attachment und gute Reise in den Norden!

Freitag, 17. Juli 2009

Ausflug 1

Die Meisen sind ausgeflogen. Die letzte beobachtete ich vom Tatamizimmer aus. Sie hockte lange im Briefkastenschlitz und guckte. Und wartete. Und wunderte sich. Dann war sie plötzlich verschwunden. Hüpfte verwirrt und heftig atmend im Gras herum. Erschrocken über den eigenen Mut. Und die große Welt. Die Muttermeise kam angeflogen mit einer Johannisbeere im Schnabel, guckte durch den Schlitz. Das Nest war leer. Sie ließ die Beere fallen und flog davon. Die kleine Meise rührte sich vor Schreck nicht vom Fleck. Nach zwei Stunden saß sie im Schatten der Ligusterhecke. Als W. nach Hause kam, sprang sie in den Rhododendron. Von dort flatterte sie in die Edelkastanie. Und hüpfte weiter, von Ast zu Ast. Immer höher.

Mittwoch, 15. Juli 2009

Nachtwanderung

Der Igel kam kurz vor dem Eindunkeln. Guckte sich bei uns um. Spazierte über den holprigen Rasen und verkroch sich dann im Giersch. Die Milch, die ihm W. sofort hinstellte, rührte er nicht an. Als es ganz dunkel war, ging er wieder. Überquerte die Straße. Guckte, wie ein Kind, zuerst nach links, dann nach rechts, bevor er übersetzte.

Dienstag, 14. Juli 2009

Kartoffeln

Ich war die vier ersten Monate des Jahres aus beruflichen Gründen außer Haus, hatte danach 2 Monate Gartenverbot - und trotzdem wachsen, nebst Hühnern, Vögeln, Bücherbergen, Giersch, Pfefferminze (wuchert schlimmer als Giersch), Zitronenmelisse, Zucchini, Tomaten, Rosmarin, Margeriten, Sauerampfer, Silberdisteln und Kürbissen auch Kartoffeln in meinem Garten heran. Überleben können wir - mit oder ohne Gebete, mit oder ohne Soup Bible.

Montag, 13. Juli 2009

Sichtschutzwand 3


Die dem Garten zugewandte Seite der Sichtschutzwand. Die eine Hälfte konnte ich nicht lasieren, da hier bereits wuchert, was auf der anderen Seite expressis verbis gerettet wurde.

Samstag, 11. Juli 2009

Sichtschutzwand 2

Es sind Beschwerden eingegangen. Die Mehrheit der Leser schafft die Anreise nach Dithmarschen nicht, bevor das Efeu die Sichtschutzwand überwuchert hat. Deshalb hier ein Foto von der frisch lasierten Hälfte der Holzwand. Auf ihrer der Straße zugewandten Seite prangt ein blauer, Punkt- und Ausrufezeichenloser Satz.

Freitag, 10. Juli 2009

Das Buch der Bücher

Zur Feier des heutigen Freitags bekomme ich ein Buch: Soup Bible. Direktimport aus dem Londoner Cookbook Shop, Books for Cooks. Jetzt stelle ich noch ein Wörterbuch in die Küche. Wir brauchen ein Bücherregal neben dem Kochherd. Ich wünsche mir einen Vorleser, einen Umblätterer, einen Wörternachschlager und Zutatenübersetzer.
Soup Bible includes more than 130 recipies from all corners of the world - with mouth-watering (dieses Wort mögen sich alle Kiefergeschädigten und Zahnlosen auf der Zunge zergehen lassen) photographs to inspire you.

Donnerstag, 9. Juli 2009

Namen

Ich verteile Namen. Im Baumhausbriefkasten sind junge Blaumeisen geschlüpft. Auf der Pergola, über die sich das Geißblatt (lanicera heckrotii) windet, sind junge Amseln geschlüpft. Am Ende, dort, wo früher eine Trennwand die Terrasse in zwei Hälften teilte. Dort, wo die Pergola, die dem einen Besitzer gehörte, sich an die Eberesche lehnte, die beiden Besitzern zu gleichen Teilen gehörte. Seit die Trennwand abgerissen ist, rankt sich eine dunkellila blühende Clematis rund und wild um den Baumstamm. Vereint sich wollüstig mit dem vor Scham errötenden Geißblatt. Dort mitten drin stopfen nun die Amseln ihren schreienden Jungen Regenwürmer in den Hals. Vor unseren Augen und Ohren. Das haben sie früher an dieser Stelle nicht tun können. Denn auf der Seite der Pergola residierten ein schwarzer Hund und mehrere schwarze Katzen. Im Haus besaßen sie eigene Zimmer. Der halbe Garten gehörte ihnen gemeinsam. Ich verteile nun Reviere. Ich schreibe die freien Plätze an und aus. Im Ahorn schlafen zwei Eulen.

Mittwoch, 8. Juli 2009

Stromausfall

Gestern Nachmittag war plötzlich der ganze Strom weg. Ich wollte Sauerkirschen mit Zitronenmelisse einkochen. Aber weder in der einen Küche noch in der anderen funktionierte der Herd. Auch der Stromzähler, der die Energieeinspeisung durch die Photovoltaikplatten auf dem Dach registriert, stand still. Obwohl die Sonne schien. Mit Unterbrüchen, der Wind war heftig und vertrieb die Wolken in regelmäßigen Abständen. W. war schon seit dem frühen Morgen nicht mehr da. Mitsamt einem aufgeladenen Mobiltelefon. Ich musste keine Suppe kochen. Kam aber auch nicht ins Internet. Das Telefon funktionierte nicht. Ich konnte kein Radio hören. Der Kühlschrank gab sich finster. Ich ging in den Garten und beriet mich über den Zaun mit der Nachbarin. Wir beschlossen, abzuwarten. Zu machen war eh nichts.

Montag, 6. Juli 2009

Sichtschutzwand

Es gibt eine Sichtschutzwand aus Holz, die wir eigentlich abreißen wollten. Der Sturm rüttelt immer wieder böse an den losen Zwischenlatten. Aber das Grundgerüst steht und ist gut einbetoniert. Etwas Neues zu errichten hat keiner von uns Zeit oder Kraft oder Lust. In jeden Suppenteller oder auf jede Buchseite gucken lassen wollen wir uns auch nicht. Ganz zu schweigen von unseren sonnenbadenden Gästen. An der einen Hälfte der Wand wuchern außerdem Brombeeren. Und auf die will ich nicht verzichten. Die sorgen für eine gute Beziehung zu Schwiegermutter. Sie freut sich, wenn ich ihr ein Gläschen selbstgemachte Brombeermarmelade überreiche oder überreichen lasse. Also beschließen wir, der Patient und ich, dass ich, so gut ich kann, denn er ist nach wie vor Rekonvaleszent, die Wand vor der endgültigen Verwitterung bewahre. Indem ich sie lasiere. Und dann von Efeu überwuchern lasse. Zwecks Begrünung und natürlicher Stabilisierung.
Vorher schreibe ich von Hand und mit witterungsbeständiger blauer und schwarzer Försterkreide einen sinnschweren Satz mit Punkt an die winddurchlässige Holzwand.
Wer ihn lesen will, muss herkommen. Anders funktioniert der Datenaustausch mit einer Sichtschutzwand leider nicht.

Sonntag, 5. Juli 2009

Baumhaus

Ich verteile gleichmäßig 5 Liter Holzlasur. Umgehe den Briefkasten großzügig. Koche in den Pausen Griechische Zucchinisuppe. Gegen Abend überwinde ich meine Angst und gucke neugierig in den Briefkastenschlitz. Niemand faucht mich an. Zwei heißhungrige winzige Mäuler strecken sich mir weit offen entgegen. Die Jungvögel sind tonlos geschlüpft. Von der Mutter ist weit und breit nichts zu sehen.

Samstag, 4. Juli 2009

Baumhausbriefkasten

Der Briefkasten am Baumhaus ist rostig. Ich will ihn abschrauben und wegwerfen. Ich brauche ihn nicht. Ich will das Baumhaus erhalten und mit Holzlasur pflegen.
Im alten Briefkasten am Baumhaus brütet ein Vogel und faucht mich böse an, als ich mit dem Schraubenzieher ankomme. Also lass ich die Finger davon.

Freitag, 3. Juli 2009

Nachttische

Ich wende mich dem Holz zu. Schrubbe in der Garageneinfahrt einen alten Holztisch, der noch von den Vorgängern übrig geblieben ist. Er stand so lange im Gras vor dem Haus, bis seine Beine im feuchten Boden zu versinken drohten. Dann trugen wir ihn fürsorglich in die leere Garage, wo er seine Standfestigkeit über einen Winter und einen Sommer und einen zweiten Winter zurückgewinnen konnte.
Heute tragen wir ihn wieder ans Licht. Ich seife ihn ein, bürste den Dreck und die Seifenreste mit einer Wurzelbürste ab, behandle ihn mit Holzschutzmittel und rede ihm gut zu. Ich ziehe die Schrauben an, er wackelt nicht mehr. Steht fest auf allen vier Füßen.

Mittwoch, 1. Juli 2009

Nachtische

Allmählich kommen uns die kalten oder heißen Suppen zu allen vier Ohren heraus. Ab sofort suche ich Rezepte für Nachtische - nicht vierbeinige, sondern pürierbare.
Hier mein erster Versuch - wird der Crew von Air Willisau bestimmt auch schmecken:
Avocadocreme mit Himbeersauce. Für 4 Personen (reichlich bemessen, ergibt für einen Nachtisch nach einem Sonntagsbraten bestimmt 8 Portionen): 2 Avodacos, 1 kg Magerquark, 200 g Crème fraiche, Saft einer halben Zitrone, abgeriebene Zitronenschale von 2 Zitronen (lass ich immer weg), 90 ml Agavendicksaft, 1 Päckchen Vanillezucker, 100 g Pinienkerne, 250 ml Himbeer-Fruchtsauce oder frische Himbeeren püriert.
Avocados entkernen, zerkleinern mit allen Zutaten außer Früchten und Pinienkernen in einer Schüssel fein pürieren. Dies gestaltete sich für mich schwierig, da alles relativ zähflüssig ist. Geht wohl am besten mit überreifen Avocados. Dann den Avocadoquark in Glasschüsselchen verteilen, Fruchtsauce darüber geben und Pinienkerne. Je nach Belieben mit Puderzucker bestäuben. In Ermangelung von frischen Himbeeren nahm ich, was da war: Erdbeeren, Johannisbeeren und Kirschen. Pürierte die Früchte mit etwas Agavendicksaft in unserem neuen Standmixer, ergab zu meinem großen Erstaunen eine wunderbar dicke Fruchtpaste, schmeckte leicht säuerlich, passte für unseren Geschmack ausgezeichnet zum Quark. Die Pinienkerne ließ ich aus bekanntem Grund weg. Patient kann noch immer nicht kauen.
Sehr nahrhaft. Sehr sättigend. Geht durch als Abendbrot. Oder ersetzt ein Mittagessen im Hochsommer.