Sonntag, 14. Februar 2010

Schneidender Polarwind

Heute beginnt das chinesische Jahr des Metall-Tigers. Zur Verwegenheit des Tigers gesellt sich die Schärfe des Elements Metall. Verglichen mit dem gestern zu Ende gegangenen Jahr des Büffels, der von Natur aus träge ist und entsprechend Disziplin und Geduld verlangt, werden nun die Zeiten unruhig und aufregend. Die Astrologen versprechen heftige Stürme aller Art. Poetisch ausgedrückt, war das Jahr des Büffels ein "gefühlter Monsun" - das Jahr des Tigers hingegen wird ein "schneidender Polarwind".
Wir am Wattenmeer spüren den schon seit mindestens zwei Monaten.
Risikobereiten verheißen die chinesischen Astrologen Turbulenzen wie emotionale Achterbahnfahrten oder abenteuerliche Transaktionen auf dem Finanzmarkt. Asiaten sind bodenständig veranlagt und reden nicht lange um gewisse Breie herum. Bestimmt wird es, ihrer Ansicht nach, zum endgültigen Crash des "hochlukrativen Vermögensverwaltungsgeschäfts" auf helvetischem Boden kommen. Denn der Tiger hat viel Energie, ist erfolgsorientiert und mutig. Er ist im positiven Sinne jederzeit zu entschlossenem Durchgreifen und Umsetzen bereit. Er ist der geborene Anführer und kein Musterschüler!

In China wird heute nicht nur das Neujahr gefeiert. Es werden auch die Träume der Zukunft beschworen.
Es soll Glück bringen, Fenster und Türen während der Feierlichkeiten sperrangelweit geöffnet zu halten, um das ganze Glück während des ganzen Festes herein zu lassen. Wir am Wattenmeer lassen das aufgrund der klimatischen Verhältnisse (Schneegestöber, schneidender Polarwind) schön bleiben. Es soll auch Glück bringen, alle Lichter in der Nacht brennen zu lassen, um dem Glück den Weg ins Haus zu leuchten und böse Geister abzuschrecken.
Unglück hingegen bringt es, wenn man während der Neujahrestage neue Schuhe kauft. Zum Glück ist heute Sonntag und der Schuhladen der Schuhfrau in Menznau geschlossen. Morgen ebenso, glücklicherweise auch die ganze nächste Woche - im Luzerner Hinterland wird Fasnacht gefeiert! Vorsichtigerweise rate ich, die nächsten Tage keinen einzigen Blick in mein Schuhbuch zu werfen. Unglück bringt es auch, sich die Haare während der Festlichkeiten zu schneiden.
Das chinesische Unglück ist aus Sprache gemacht: das Wort Schuh (xiézi) ist homophon zum hochchinesischen Wort für schlecht, böse und ungesund (xié). Das Wort Haar (fà, meint eigentlich das, was sich auf dem Kopf entwickelt) ist homophon mit dem Wort für Wohlstand (fā - gleiches Zeichen wie für Haar, aber anderer Ton, meint alles, was sich positiv entwickelt, im Besonderen den Kontostand). In chinesischen Köpfen herrscht die Vorstellung, dass man sich den Wohlstand wegschneidet, wenn das Kopfhaar gekürzt wird. Eine schöne Vorstellung, dass mit dem Haar auch das Guthaben auf der Bank wächst.

Das chinesische Jahr des Tigers dauert vom 14. Februar 2010 bis zum 2. Februar 2011. Ich wünsche nicht nur den Tigern unter meinen Bekannten (u.a. meiner Mutter und meinem polnischen Meister) viel Erfolg, viel frischen Wind um die Nase und geschärfte Sinne bei allen Abenteuern.

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