Dienstag, 20. Oktober 2015

Sinnleere

Ich denke den halben Tag über die Bedeutung einer Zahl nach, der ich einen Text unterordne. Bis ich verstehe, dass die Zahl keine Bedeutung, nur eine Funktion hat. Die der Begrenzung. Auch das ist wichtig. Der fehlende tiefere Sinn. Der bloße Einfall. Die absichtslose Eingebung. Eine beliebige Zahl, harmonisch, ausgeglichen im Ungleichgewicht, die irgendwann vor langer Zeit wahrscheinlich zufällig aus dem Universum kam und über meine Tastatur spazierte. Auch der Zufall hat seine Daseinsberechtigung.
Und dann lese ich, dass in der christlichen Ikonographie den Zahlen 3 (Dreieck, Symbol für Gottheit, Dreifaltigkeit, drei Tugenden Glaube Hoffnung Liebe ...); 8 (Oktogon, achteckiges Taufbecken, Ausdruck der Vollendung; es gibt acht Töne im gregorianischen Choral; der 8. Tag gilt als Beginn der neuen Schöpfung; Jesus ist einen Tag nach Sabbat, am 7. Tag auferstanden und am 8. Tag nach Ostern dem ungläubigen Thomas erschienen ...) und 12 (Monate, Apostel, Säulen im Chor gotischer Kathedralen ...) eine besondere Bedeutung zukommt.
Zwölf ist in meiner literarisch strukturierenden Zahl enthalten. Zwölf, lese ich weiter, bestimmt in der Offenbarung die himmlische Stadt: sie hat 12 Tore, 12 x 12 Ellen sind die Mauern hoch, in denen sich 12 Edelsteine befinden, die Länge einer Seite beträgt 12.000 Stadien. Zwölf mal zwölf bedeutet größte Fülle und Vollendung; zwölf mal zwölftausend hingegen Riesengroß. Zwölf mal zwölftausend soll die Summe der in den Himmel Aufgenommenen sein ...
Mathematisch hingegen hat meine Zahl die Besonderheit, dass sie in zwei Reihen des großen Einmaleins vorkommt. Und sie ist die "kleinste positive natürliche Zahl, deren fünfte Potenz sich als Summe von vier fünften Potenzen positiver natürlicher Zahlen schreiben lässt". Na bitte!
Ich aber reduziere mein handwerkliches Selbstverständnis abseits von jeder Wissenschaft auf einen spontanen und sinnentleerten Tastengriff.

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