Donnerstag, 30. Juni 2011

Die Domstadt Meldorf

Warum Meldorf Domstadt ist, weiß keiner von denen, die ich unterwegs gefragt habe. Die Stadt war nie Bischofssitz. Warum Meldorfs Wappen eine "fünftürmige rote Zinnenburg" (Trutzburg?) zeigt, weiß auch keiner von allen, die ich angetroffen habe. Es gab und gibt weit und breit kein vergleichbares Gebäude. Es gab nie ein Rittertum in der Bauernrepublik Dithmarschen. Der silberne Bach versinnbildlicht die Miele, die durch die Stadt nach Westen ins Wattenmeer zieht. Und die fünf Sterne? Urnenfunde im Altstadtgebiet zeigen, dass Meldorf schon zu vorgeschichtlicher Zeit besiedelt war. Die genaue Siedlungslage ist nicht bekannt.
Meldorf (plattdeutsch Möldörp oder Meldörp, umgangssprachlich Melle) liegt heute etwa sechs Kilometer von der Küstenlinie an der Meldorfer Bucht entfernt . Ursprünglich befand sich die Stadt und der Dom auf einer ins Wattenmeer hineinreichenden Geestinsel. Dann wurde durch Eindeichung immer mehr fruchtbares Land gewonnen, zuletzt der Speicherkoog. Küstenlinien und Badestellen wanderten westwärts. Bauern pflanzten Kohl und Kartoffeln an. Zugvögel fanden Rastplätze und Brutgebiete.
Meldorf war lange Zeit die einzige Stadt und geistiger Mittelpunkt Dithmarschens. Hauptversammlungsplatz für den sächsischen Gau der Dithmarscher zwischen Eider und Elbe. Der Name kommt von melden, d.h. Stimmabgabe durch Handzeichen - wie an der Glarner Landsgemeinde. Meldorf war der Ort, wo die Entscheidungen getroffen wurden. Der Dom, erbaut um die Mitte des dreizehnten Jahrhunderts nach dem Vorbild des Hamburger Doms, war die Hauptkirche der sich entwickelnden Bauernrepublik Dithmarschen. Das Kirchensiegel diente damals auch als Siegel der Bauernrepublik.
Meldorf steht bis heute im Konkurrenzkampf mit Heide, gewann und verlor die Hauptortfunktion durch die Jahrhunderte immer wieder. Zuletzt verlor Meldorf 1968, als im Rahmen der Zusammenlegung der Kreise Norderdithmarschen und Süderdithmarschen Heide Kreisstadt wurde. Meldorf bekam "als Ersatz" das Amtsgericht für ganz Dithmarschen.
Aber Meldorf ist unbestrittene Kulturhauptstadt. Siehe Frequenzen. Landesmuseum. Verzehrkino. Kulturkneipe Bornholdt. Dithmarscher Kunstgriff. Domkonzerte. Marcussen-Orgel. Rosengarten. Und die Meldorfer Gelehrtenschule. Das älteste Gymnasium Dithmarschens. Eine Lateinschule in der Bauernrepublik! Gegründet 1540 zur Vorbildung des kirchlichen Nachwuchses.
Ich bin angekommen. Auf den Koordinaten 54° 5' N, 9° 4' O.

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