Sonntag, 21. Juni 2015

Sonntag, 11 Uhr

Der Sonntag gehörte in den letzten Jahren immer H. Der einzig authentischen und wahrhaft femininen Henryka im Leben (nicht im Werk!) meines Meisters. Als er sie kennen lernte, hatte er bereits aufgehört zu schreiben. Deshalb behielt er die schöne Henryka (nicht Helena) für sich und teilte sie nicht mit seinen Lesern. Die moderne (arbeitende) Henryka, die nur am Wochenende Zeit für ein Stelldichein hatte. Die traditionelle (erotisch irisierende) Henryka, die sonntags im Sonntagsstaat auftrat. Die treue (enthaltsame) Henryka, die während maximal einer Stunde wöchentlich das weibliche Element ins Leben unseres verwitweten, einsam und asketisch alternden Meisters zurückbrachte.

H. und ich treffen uns am späten Nachmittag an seinem Grab. Morgen arbeitet sie.

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