Mittwoch, 2. August 2017

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Morgenschwimmen. Es gibt immer einen Tag in der Woche, an dem das Ritual kippt. Wenn die Flut am Abend zu spät aufläuft, kommt sie am Morgen zum Zug. Für die Tagesschwimmerinnen. Eine Frau fragt heute morgen besorgt, ob ich gestern abend wirklich ganz alleine da war: "Du könntest ja gestohlen werden ..."
Ich kann nicht gestohlen werden.
Ich kann nicht einmal ertrinken.
Der Unterschied von verbaler und nonverbaler Kunst erschließt sich mir, wenn ich die "Wort-Vitrine" love letters (2001) von Bethan Huws und das "gemalte Video" The Greeting (1996) von Bill Viola vergleiche: love letters (2001) spielt höchstens noch mit der Bedeutung des englischen Wortes "letter" (= Buchstabe oder Brief) - und hält ansonsten die Buchstaben des Alphabet hinter Glas unter Verschluss. The Greeting präsentiert die wortlose Begegnung dreier Frauen (inspiriert von Pontormos Heimsuchung Mariä aus dem Jahr 1529). Die in der realen Welt 45 Sekunden dauernde Szene hat Viola auf 10 tonlose Minuten aufgebläht. Im wahrsten Sinne des Wortes! Wir sehen die Figuren sprechen, hören sie aber nicht. Wir erfahren aus ihren Blicken und Gesten viel mehr als uns ihre Worte je vermitteln könnten. "Die genaue Bedeutung des Geschehens kreist als mehrdeutige, spekulative Geste im Raum" (Bill Viola).

Hier ein Auszug, 27 Sekunden der 10 Minuten: https://www.youtube.com/watch?v=Dg0IyGUVXaQ

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